»Ich würde gerne mal einen Mann spielen.«

Lucy Wilke im Gespräch über ihre künstlerische Arbeit und die Produktion SCORES THAT SHAPED OUR FRIENDSHIP, die beim asphalt Festival 2022 zu Gast ist.
– 22. Juni 2022

Lucy Wike ist Sängerin, Schauspielerin, Tänzerin, Autorin und Regisseurin. Sie schreibt Drehbücher und inszeniert Kurzfilme und Theaterstücke. Mit ihrer Band BLIND AND LAME tritt sie deutschlandweit auf. Sie hat spinale Muskelatrophie und benutzt einen Rollstuhl. Wilke ist ausgebildete Sprecherin und Sängerin. Ihre Bühnenausbildung erhielt sie am ›International Munich Art Lab‹. Als Performerin war sie bislang auf der Bühne u. a. im Musical ›EXTAZE‹ zu sehen, als Weiße Schwanenprinzessin in der ›Schwanensee‹-Interpretation des Tanzensembles Abart, in der Theaterperformance ›Fucking Disabled‹, in ›Anthropomorphia‹ und sie spielte die Titelrolle in ›Phaidra‹ von Monster Truck. In der Staatsoper Athen und der Kölner Oper sang und spielte Lucy Wilke solo in der Multimedia-Installation ›RE:CONSTRUCTION‹ von UN-LABEL. Mit der internationalen Produktion ›Lands of Concerts‹ arbeitete sie in verschiedenen Ländern Europas an einer neuen Performance. Für ihr eigenes Tanzdebüt ›SCORES THAT SHAPED OUR FRIENDSHIP‹ zusammen mit Paweł Duduś erhielt Wilke 2020 den Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie Beste Darstellerin Tanz und das Stück wurde zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Seit Herbst 2020 ist Lucy Wilke festes Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele. 

Eure Inszenierung SCORES THAT SHAPED OUR FRIENDSHIP war zum Theatertreffen Berlin 2021 eingeladen und 2020 wurdest du mit dem Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie Beste Darsteller:in Tanz ausgezeichnet. Begreifst du dich als Tänzerin oder als Performerin?

Ich begreife mich unter anderem als Tänzerin. Im Grunde bin ich eine Künstlerin, die verschiedene Ausdrucksformen nutzt.

Mittlerweile bist du fest im Theaterbetrieb etabliert und gehörst dem Ensemble der Münchner Kammerspiele an. Hat sich dadurch deine Selbstwahrnehmung als Künstlerin geändert, inwieweit ist dieser Raum zur Entfaltung für dich interessant?

Die Münchner Kammerspiele sind eine super Schule für mich. Es ist schön, mit verschiedenen Regisseurinnen und Regisseuren zu arbeiten und durch das häufige Spielen eine Routine zu bekommen. Die freie Szene liebe ich allerdings auch sehr! Sie ist für mich persönlicher.

Wie würdest du die Unterschiede beschreiben zu deiner künstlerischen, experimentellen Arbeit in der Freien Szene und der in einem städtischen Kulturbetrieb? Bietet auch ein Stadttheater wie den Münchner Kammerspiele Raum für Experimente? 

Ich weiß nicht, wie es in anderen Stadttheatern ist. Die Kammerspiele sind schon experimental ausgerichtet. Natürlich bleibt nicht so viel Spielraum für Persönliches, aber wir werden immer dazu ermutigt uns einzubringen und auch als Mit-Autor:innen zu wirken. Ich glaube, es kommt darauf an, wie viel Eigen-Engagement man hat.

SCORES THAT SHAPED OUR FRIENDSHIP ist ein Ensemblestück von drei Personen aus ganz unterschiedlichen Genres. Wie haben Paweł Duduś, Kim Twiddle und du es gemeinsam entwickelt, im Kollektiv als freie Theaterproduktion?

Pawel und ich haben angefangen das Stück zu entwickeln. Wir hatten ein Budget für die freie Szene. Kim kam dann dazu und wir haben das Stück gemeinsam weiter entwickelt.

SCORES ist ein ganz intimer, zärtlicher Pas de deux. Die Premiere fand im Februar 2020 wenige Tage vor dem ersten Lockdown statt, dann breitete sich die Corona-Pandemie aus. Habt ihr das Stück dann anschließend überhaupt noch spielen können? 

Wir sind auf wundersame Weise immer genau an den Lockdowns vorbeigerauscht und konnten tatsächlich das Stück spielen. Allerdings nicht in der anfänglichen Variante, mit großer Nähe zum Publikum. Ich hoffe, dass wir in Zukunft wieder zu der alten Form zurückkommen können.

Welche Rolle würdest du gerne einmal spielen?

Ich würde gerne mal einen Mann spielen. Oder auch ein klassisches Stück. Das wäre ein großer Kontrast zu dem, was ich jetzt mache.

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